Beim Elektronenstrahlschweißen denken viele an eine aufwendige, teure und zudem gefährliche Technologie. Dafür gibt es mehrere Gründe: Beim Schweißen wird ein Vakuum benötigt, die Werkstücke müssen präzise vorbereitet werden und dann ist da noch die Röntgenstrahlung. All das wirkt in Zeiten des Laserschweißens längst überholt. Aber ist das wirklich so? Oder haben wir mit dem Elektronenstrahlschweißen eine vielseitige und leistungsfähige Technologie aus den Augen verloren?
Mit Hinblick auf diese und andere Fragen war Dr. Schulze von Schulze-Consulting zu Besuch in meiner Weld Lounge. Als Experte auf dem Gebiet des Elektronenstrahlschweißens geht Dr. Schulze gemeinsam mit mir bestehenden Vorurteilen auf den Grund.
Das Elektronenstrahlschweißen ist eine Technologie, die uns schon seit vielen Jahrzehnten begleitet: 1958 tauchte sie erstmals in der Industrie auf. In den 1980er Jahren geriet Elektronenstrahlschweißen jedoch in Vergessenheit, als der Laser zunehmend Einzug in die Industrie hielt.
Damals galt Laser als hochmodern und war durch seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in Technik und Medizin der breiten Öffentlichkeit ein Begriff. Ob beim Augenlasern oder im CD-Player – jeder hatte schon einmal davon gehört. Dieser Hype hält bis heute an, sodass der Elektronenstrahl weitgehend aus der Industrie verdrängt wurde. Doch woran genau liegt das?
Beim Elektronenstrahlschweißen trifft hohe kinetische Energie auf das Werkstück und lässt dieses schmelzen. Um diesen Prozess besser zu verstehen, müssen wir uns in die Welt der Atome begeben.
Normalerweise sind Elektronen fest an Atome gebunden. Wird ihnen jedoch genügend Energie zugeführt, zum Beispiel durch eine erhitzte Wolframkathode, können sie sich lösen und frei bewegen. Mit Hilfe von elektrischen und magnetischen Feldern werden die nun freien Elektronen zu einem Strahl gebündelt und mittels Hochspannung enorm beschleunigt. Dabei können sie ein bis zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Treffen die Elektronen nun auf den Werkstoff, wird dieser durch die immense kinetische Energie nicht nur aufgeschmolzen, sondern verdampft sogar. Der gesamte Prozess findet im Vakuum statt, was zu extrem sauberen und qualitativ hochwertigen Ergebnissen führt.
Auf den ersten Blick wirken einige Besonderheiten des Elektronenstrahlschweißens kompliziert oder sogar gefährlich. Oft wird angenommen, dass die sogenannte Evakuierungszeit – das ist die Zeit für das Herstellen des erforderlichen Vakuums – ein Hindernis für den Prozess darstellen könnte. Es gibt jedoch häufig eine entsprechende Schleusentechnik, die dafür sorgt, dass das Vakuum in der Arbeitskammer nie unterbrochen wird. Dadurch können hohe Geschwindigkeiten von bis zu sechs Sekunden Evakuierungszeit für ein Getriebeteil erreicht werden. Bei kleinen Bauteilen ist nicht einmal eine Schleusenkammer nötig, da entsprechend kleine Arbeitskammern innerhalb weniger Sekunden evakuiert werden können.
Da kein Zusatzwerkstoff eingebracht wird, müssen die einzelnen Werkstücke präzise vorbereitet werden. Auch das kostet auf den ersten Blick viel Zeit und Geld. Was dabei vergessen wird: Die Maschine selbst arbeitet äußerst präzise und im eigentlichen Schweißprozess immer vollautomatisch. Dadurch werden nicht nur qualitativ hochwertige Ergebnisse erzielt, sondern es kann auch besonders schnell gearbeitet werden.
Auch das Thema Röntgenstrahlung sorgt beim Elektronenstrahlschweißen für einige Unsicherheiten. In dieser Ausgabe der Weld Lounge geht es um die Funktionsweise dieser Technologie, um Möglichkeiten damit, aber genauso um Vorurteile sowie Vor- und Nachteile. Wenn Sie mehr über Elektronenstrahlschweißen erfahren möchten, sehen Sie sich gerne hier ein kurzes Teaservideo an:
Das gesamte Video können Sie sich auf dem WELDPROF-YouTube-Kanal ansehen.
Generell kann jeder Besucher der WELDPROF®-Webseite über »Ask the WELDPROF®« gezielte Fragen an mich stellen. Diese beantworte ich gerne per E-Mail oder auch in einem meiner Videoformate. Eine Interaktion mit Interessierten aus der Welt der Schweiß- und Fügetechnik ist ausdrücklich erwünscht!